Drohende Fehl-/Frühgeburt

Schwangerschaft - Erkrankungen - Drohende Fehl-/Frühgeburt

Die Ultraschalluntersuchung ist das einzige Untersuchungsverfahren, mit dem sich die Implantation des Embryos in die Gebärmutterhöhle direkt nachweisen lässt. Ferner können bereits 40 Tage nach dem ersten Tag der letzten Periode (5+5 SSW) embryonale Herzaktionen als Ausdruck der Vitalität nachweisbar sein. Zur Unterscheidung zwischen einer intakten Schwangerschaft und einer gestörten Schwangerschaft können folgende Kriterien herangezogen werden:

 

  • Die Chorionhöhle sollte ab einer HCG-Konzentration von 3.500 mIU/ml vaginalsonographisch immer nachweisbar sein.
  • Der Dottersack sollte ab einem mittleren Chorionhöhlendurchmesser (CHD) von 10 mm und ab einem HCG-Wert von 20.000 mIU/ml vaginalsonographisch immer darstellbar sein.
  • Die Herzaktion sollte ab einem CHD von 20 mm und einem HCG-Wert von 50.000 mIU/ml immer positiv sein.

 

Fehlgeburten werden in Frühabort und Spätabort unterteilt. Die Abgrenzung ist nicht einheitlich, häufig wird der Abschluss der 12. Schwangerschaftswoche als Trennzeit genommen. Ab einem Gewicht des Feten von 500 g spricht man von einer Totgeburt . Dieses Gewicht ist ab der 22. SSW zu erwarten.

Von einer
Frühgeburt spricht man bei der Geburt eines Säuglings vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche (SSW). Eine übliche Schwangerschaft dauert 40 Wochen (280 Tage nach der letzten Regelblutung). Bei frühgeborenen Kindern – oft „Frühchen“ genannt – dauert sie weniger als 260 Tage; gerechnet vom ersten Tag der letzten Menstruation. Sie wiegen in der Regel weniger als 2500 Gramm. In Deutschland liegt die Frühgeborenenrate bei 10 Kindern pro hundert Neugeborenen.

Maßnahmen zur Vorbeugung einer Fehlgeburt oder Frühgeburt und Verbesserung der kindlichen Krankheitshäufigkeit nach der Geburt:

  • Bei Frauen mit wiederholtem Spontanabort (habitueller Abortneigung) und vaginaler Blutung sollte eine Therapie mit natürlichem vaginalen mikronisierten Progesteron (2x 400 mg/Tag) bis zur 16. SSW durchgeführt werden.
  • Bei Frauen mit wiederholtem Spontanabort ohne vaginale Blutung kann eine Therapie mit vaginalem Progesteron (2x 400 mg/Tag) bis zur 12. SSW durchgeführt werden.
  • Frauen mit Einlingsschwangerschaft nach einer Frühgeburt in der Vorgeschichte profitieren zur Vorbeugung einer erneuten Frühgeburt von der Gabe von 200 mg Progesteron intravaginal täglich zwischen der 17. und abgeschlossenen 36. Schwangerschaftswoche ( Off-label-use ).
  • Nikotinentwöhnung reduziert die Frühgeburtsrate.
  • Die antibiotische Behandlung einer asymptomatischen Bakteriurie reduziert die Frühgeburtenrate.
  • Die Behandlung einer bakteriellen Vaginose reduziert die Frühgeburtenrate.
  • Frauen mit Einlingsschwangerschaft, deren Gebärmutterhalslänge vor der 25. Schwangerschaftswoche weniger als 25 mm beträgt, sollten täglich 200 mg Progesteron intravaginal bis zur abgeschlossenen 36. Schwangerschaftswoche erhalten (Off-label-use). Diese Verkürzung des Gebärmutterhalses wird Zervixinsuffizienz genannt.
  • Bei Frauen mit Einlingsschwangerschaft nach vorangegangener Frühgeburt bzw. später Fehlgeburt, deren Gebärmutterhalslänge vor der 25. Schwangerschaftswoche weniger als 25 mm beträgt, wird die Schwangerschaft durch eine Cerclage oder einen totalen Muttermundsverschluss verlängert.
  • Die Einlage eines Cerclage-Pessars (Höhen 17, 21, 25 oder 30 mm) bei Patientinnen, deren Gebärmutterhalslänge vor der 25. Schwangerschaftswoche weniger als 25 mm beträgt, verlängert die Schwangerschaft signifikant. Wichtig ist die korrekte Einlage mit der "Kuppel" nach oben und nicht etwa umgekehrt, wie man es von den Prolapspessaren gewohnt ist.
  • Bei mehr als 1 cm eröffnetem Muttermund vor der 25. Schangerschaftswoche führt eine Notfallcerclage zu einer signifikanten Verlängerung der Schwangerschaft.
  • Frauen mit Einlingsschwangerschaft und vorzeitiger Wehentätigkeit sollten nach erfolgreicher Wehenhemmung 200 mg Progesteron intravaginal täglich erhalten ( Off-label-use ). Eine vorzeitige Wehentätigkeit liegt vor, wenn mehr als 3 Kontraktionen von mindestens 30 Sekunden in 30 Minuten und eine Verkürzung der Zervixlänge und/oder Eröffnung des Muttermunds nachweisbar sind.
  • Mehrlingsschwangerschaften können von der Gabe von Progesteron ( Off-label-use ), einer Cerclage oder von einem Cerclage-Pessar (25 oder 30 mm) profitieren.
  • Die Induktion der Lungenreife (RDS-Prophylaxe) durch zwei Dosen Betamethason (je 12 mg) intramuskulär im Abstand von 24 Stunden im Falle einer drohenden Frühgeburt vor der abgeschlossenen 34. Schwangerschaftswoche reduziert die kindliche Krankheitshäufigkeit nach der Geburt. Eine Erhöhung der Dosis bei Mehrlingen wird nicht empfohlen. Der Effekt ist in einem Zeitfenster zwischen einem und sieben Tagen nach der Kortikosteroid-Applikation nachweisbar. Eine mögliche Wiederholung der Gabe vor der 30. SSW kann sinnvoll sein, wenn die erste Glukokortikoid-Gabe mindestens 14 Tage zurückliegt und ein hohes Frühgeburtsrisiko bestehen bleibt. Bei mehr als 2 Gaben steigen die Komplikationsraten, insbesondere die Rate an Mangelentwicklungen der Feten.

 

Leitlinie Prävention und Therapie der Frühgeburt Stand 2019
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