Adipositas

Schwangerschaft - Ratgeber & Tipps - Adipositas

Adipositas und Übergewicht sind ein zunehmendes Problem unter Schwangeren, welches mit Komplikationen für Mutter und Kind einhergehen kann. In Deutschland waren 2017 36 % der Schwangeren übergewichtig, davon hatten 14,6 % bereits einen Body-Mass-Index >30 kg/m², was der Diagnose Adipositas entspricht. Die Angaben beruhen auf dem BMI vor der Schwangerschaft.

Folgende Empfehlungen und Anmerkungen sind der 2019 erstellten Leitlinie zu entnehmen:
  • Schon bei Kinderwunsch und auch in der Schwangerschaft sollten bei Zustand nach bariatrischer Operation 800 µg Folsäure/Tag ergänzt werden.
  • Bei Patientinnen nach Adipositas- und metabolisch-chirurgischer Operation sollte die Dosierung von Supplementen mindestens einmal im Schwangerschaftsdrittel nach Laborkontrolle angepasst werden.
  • Übergewichtige Schwangere mit zusätzlichen zwei oder mehr permananten Risikofaktoren sollten während der gesamten Schwangerschaft und im Wochenbett bis zu 6 Wochen postpartal eine medikamentöse Prophylaxe für eine tiefe Venenthrombose erhalten, bei temporären Risikofaktoren wie Bettlägrigkeit nur für die Dauer des erhöhten Risikos.
  • Schon Schwangeren mit Übergewicht sollte bereits im 1. Schwangerschaftsdrittel eine Abklärung einer Glukosestoffwechselstörung z.B. durch Bestimmung eines HBA1c-Wertes angeboten werden. Werte unter 5,9 % gelten als unauffällig.
  • Die diagnostische Sicherheit der zellfreien DNA-Analyse im mütterlichen Blut (NIPT) anhand der im mütterlichen Blut zirkulierenden zellfreien fetalen DNA ist bei ausgeprägter Adipositas eingeschränkt. Da Trisomie 18 und 13 kleinere Plazenten aufweisen und daher geringere Mengen an zellfreier DNA ins mütterliche Blut abgeben, ist die Entdeckungsrate für diese Aneuploidien allgemein und im besonderen Maße bei adipösen Schwangeren vermindert.
  • Aufgrund des gehäuften Auftretens nicht-chromosomal bedingter Fehlbildungen des Feten und der niedrigeren Entdeckungsrate von Fehlbildungen mit zunehmender mütterlicher Bauchdeckendicke sollte eine frühe fetale Organdiagnostik zwischen der 13. und 14. SSW im Rahmen eines Ersttrimester-Screenings diskutiert werden.
  • Adipositas stellt einen bedeutenden Risikofaktor für Präeklampsie dar, bedingt eine Risikoerhöhung um den Faktor 3-5. Weiterhin ergibt sich die Wahrscheinlichkeit einer Wachstumsretardierung von 20-27 %. Aus diesem Grund sollte adipösen Schwangeren im 1. Trimenon eine individuelle Risikokalkulation für Präeklampsie, ein Präeklampsie-Screening, angeboten werden. Liegt ein BMI >35 kg/m² vor, so sollte die prinzipielle Gabe von 150 mg ASS vor der 17. SSW (Off-Label-Use) begonnen werden.
  • Bei adipösen Schwangeren sollte besonders auf Risikofaktoren der Frühgeburtlichkeit geachtet werden.
  • Im zweiten Schwangerschaftsdrittel sollte eine Feindiagnostik mit Dopplersonographie erfolgen.
  • Bei Patientinnen nach Adipositas- und metabolisch-chirurgischer Operation darf wegen des Dumping-Effekts kein oGTT durchgeführt werden. Um eine behandlungsbedürftige Hyperglykämie abzuklären, dienen eine venöse Nüchternblutzucker-Bestimmung und orientierende Tagesprofile.
  • Oberhalb eines BMI von 35 kg/m² sowie nach vorangegangener Sectio sollte die Entbindung in einem Perinatalzentrum erfolgen.
  • Neben dem Ultraschallscreening im 3. Schwangerschaftsdrittel sollte eine weitere Ultraschallbiometrie mit 34-36 Schwangerschaftswochen erfolgen, um fetale Wachstumsdefizite in der Spätschwangerschaft zu erkennen.
  • Wegen des erhöhten Risikos mütterlicher und fetaler Komplikationen sollten Schwangere mit einem BMI >40 kg/m² ab der 37. SSW wöchentlich klinisch kontrolliert werden.
  • Liegt bei der Schwangeren ein BMI >40 kg/m² vor, so sollte eine pränatale Konsultation durch einen erfahrenen Anästhesiologen erfolgen.
  • Bei adipösen Schwangeren besteht ein erhöhtes Risiko für einen intrauterinen Fruchttod bei Terminüberschreitung. Bei zusätzlichen Risikofaktoren sollte daher eine Geburtseinleitung ab der 40. SSW angeboten und sorgfältig abgewogen werden.
  • In der postpartalen Phase zeigt sich bei adipösen Frauen ein 1,6-fach erhöhtes Risiko von Blutverlusten über 500 ml.
  • Adipöse Frauen haben ein erhöhtes Risko von Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen.
Leitlinie Adipositas und Schwangerschaft Stand 2019
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