Adrenogenitales Syndrom

Gynäkologie - Gutartige Erkrankungen - PCO-Syndrom - Adrenogenitales Syndrom

Das Adrenogenitale Syndrom (AGS) ist eine Gruppe genetisch bedingter Stoffwechselerkrankungen, bei denen die Hormonbildung in der Nebennierenrinde gestört ist. Ursache dafür sind verschiedene erbliche Enzymdefekte. Je nach der Art des Defekts ist die Umwandlung von Cholesterol in die Nebennierenrinden-Hormone an einer bestimmten Stelle blockiert. Dadurch werden die Hormone Kortisol und manchmal auch Aldosteron nicht mehr in ausreichender Menge produziert. Um diesen Mangel auszugleichen, wird die Nebennierenrinde überstimuliert. Weil die Nebennieren aber nur bis zum vorhandenen Stoffwechselblock produzieren können, stauen sich dort die Vorstufen von Cortisol und ggf. auch Aldosteron auf. Ein Teil der aufgestauten Hormonvorstufen wird über einen anderen Stoffwechselweg in männliche Hormone (Androgene) umgewandelt .

Für über 85 Prozent der Fälle des Adrenogenitalen Syndroms ist das
Fehlen des Enzyms 21-Hydroxylase verantwortlich.

Der 21-Hydroxylase-Defekt wird nach dem Verlauf in zwei Formen unterteilt, die klassische und die nicht-klassische Form. Bei der klassischen Form treten die Symptome schon im Neugeborenenalter auf. Zum klassischen AGS zählen das "einfache" AGS, bei dem nur die Cortisolproduktion gestört ist, sowie das "AGS mit Salzverlust", bei dem neben der Cortisol- auch die Aldosteronproduktion betroffen ist.

Das
nicht-klassische AGS tritt meist erst in der Pubertät oder im Erwachsenenalter in Erscheinung und hat eine wesentlich mildere Symptomatik. Zum nicht-klassischen AGS werden die "Late-onset-Form" (spät manifest) und die "Kryptische Form" (ohne wesentliche Symptome) gerechnet. Das klassische AGS wird durch Mutationen auf beiden Genen des Erbguts hervorgerufen, die zu einer hochgradiger Verminderung der 21-Hydroxylase-Enzymaktivität führen. Das nicht-klassische AGS entwickelt sich durch eine Kombination einer "milden" und einer "schweren" Mutation bzw. zweier "milder" Mutationen im sogenannten 21-Hydroxylase-Gen CYP21A2.

Das klinische Bild wird einerseits bestimmt durch den Hormonmangel (Cortisol, Aldosteron), andererseits durch einen Überschuss an männlichen Hormonen.

Beim
klassischen AGS haben erkrankte Mädchen schon bei der Geburt vermännlichte äußere Genitalien. Der Grund ist, dass sie bereits vor der Geburt zu hohen Androgenwerten ausgesetzt waren. Die Vermännlichung reicht von der leichten Klitorisvergrößerung bis hin zur Bildung eines Pseudopenis. Die inneren Genitalien dagegen sind weiblich. Ferner kann in den ersten Lebenswochen eine lebensgefährliche Salzverlustkrise auftreten, die zum Tod des Neugeborenen führen kann. Unbehandelt kommt es zunächst zu einem beschleunigten frühkindlichen Größenwachstum. Die Kinder sind für ihr Alter zu groß. Allerdings tritt auch ein beschleunigter Schluss der Epiphysenfugen (knorpelige Wachstumszonen des Knochens) und damit ein frühzeitiger Wachstumsstillstand ein, mit der Folge eines Kleinwuchses im Erwachsenenalter.

Das
late-onset-AGS ist für die Frauenheilkunde von Bedeutung. Es ist in ca. 6 % der Fälle die Ursache einer Hyperandrogenämie (zu viele männliche Hormone im Blut). Die weitaus häufigste Ursache einer Hyperandrogenämie ist das PCO-Syndrom. Die durch das late-onset-AGS betroffenen erwachsenen Frauen können unter Hirsutismus (männliches Verteilungsmuster der Haare), Akne, Seborrhoe (Überproduktion von Hautfetten), Alopezie (Haarausfall), Zyklusunregelmäßigkeiten, Sterilität und tiefer Stimmlage leiden.

Neben einer hormonellen Basisdiagnostik (siehe
PCO-Syndrom ) ist die Bestimmung des Hormons 17-Hydroxyprogesteron von Bedeutung. Bei verdächtigen Werten ist ein so genannter ACTH-Test angezeigt, bei dem die Nebennierenrindenfunktion durch Stimulation der Kortikoidsekretion mit ACTH geprüft wird. Besteht weiterhin der Verdacht auf ein AGS, muss eine molekulargenetische Diagnostik erfolgen.

Die Therapie liegt in der Regel in der
Verwendung von Kortikosteroiden zur Minderung des Androgenexzesses und/oder gleichzeitigen Gabe von antiandrogen wirksamen Antibabypillen .

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