Übelkeit & Erbrechen

Schwangerschaft - Erkrankungen - Übelkeit & Erbrechen

Etwa 70 % aller Schwangeren leiden während der ersten drei oder vier Monate der Schwangerschaft unter Übelkeit. Als Emesis gravidarum wird neben der Übelkeit auch noch schwangerschaftsbedingtes Erbrechen bezeichnet, welches nicht öfter als fünfmal täglich auftritt. Bei etwa 20 % der Betroffenen können die Symptome die ganze Schwangerschaft über anhalten.

Eine wichtige Unterscheidung zur Emesis gravidarum ist der Übergang in ein anhaltendes Erbrechen von mehr als fünfmal pro Tag mit begleitender Ketonurie (Urin-Stix:++), Gewichtsabnahme von mehr als 5 % des Körpergewichts sowie deutlich erschwerte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, dies wird als Hyperemesis gravidarum bezeichnet. Mögliche bedrohliche Symptome sind Dehydratation (hoher Hämatokrit), Elektrolytentgleisung (Hypokaliämie, Hyponatriämie) und Stoffwechselentgleisung (Azidose durch mangelnde Nahrungsaufnahme oder auch Alkalose durch HCl-Verlust aufgrund von Erbrechen).

Die genauen Ursachen für eine Emesis oder Hyperemesis gravidarum sind nicht bekannt. Diskutiert wird eine chronische Helicobacter-pylori-Infektion. Auch psychosomatische Störungen werden damit in Verbindung gebracht. Eine Hyperthyreose mit normalem fT3 und fT4, aber ernidrigtem Thyreoidea-stimulierendem Hormon (TSH) könnte ebenfalls zur Entstehung beitragen. Es wird vermutet, dass es sich dabei um eine selbstlimitierende transiente Hyperthyreose mit Hyperemesis gravidarum (THHG) handelt. Die THHG kann bis zur 18. Schwangerschaftswoche anhalten und ist nicht therapiebedürftig. Um die Diagnose stellen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
  • wiederholt pathologische Laborparameter während der Schwangerschaft,
  • keine vorexistierende Hyperthyreose vor der Schwangerschaft,
  • Fehlen von Schilddrüsen-Antikörpern.
Mögliche weitere Differenzialdiagnosen sind Magengeschwüre, Hepatitis, Pankreatitis, Hypothyreose, Gastroenteritis oder Nebenniereninsuffizienz.

Die Hyperemesis gravidarum stellt in der Regel kein höheres Risiko für Komplikationen bei Feten dar, das Fehlgeburtsrisiko ist sogar reduziert.

Laboruntersuchungen beinhalten z. B. Hämatokrit, Elektrolyte, Transaminasen, Bilirubin, Schilddrüsenparameter und den Urinstatus (Ketonkörper, spezifisches Gewicht, pH).

Was Sie dagegen tun können:
  • Essen Sie vor dem Aufstehen einen Zwieback oder kernige Haferflocken oder einen Apfel.
  • Stehen Sie langsam auf und bleiben Sie eine Weile auf der Bettkante sitzen.
  • Nach dem Essen nicht hinlegen, sondern in aufrechter Körperposition ruhen.
  • Essen Sie regelmäßig kleine kohlenhydrathaltige Zwischenmahlzeiten (Müsli, Toast, Zwieback, gekochte Kartoffeln) und viel Obst.
  • Trinken Sie keinen Zitronensaft, Kaffee oder Milch, wenn Ihnen davon übel wird. Trinken Sie stattdessen kohlensäurehaltige Getränke wie Mineralwasser.
  • Kochen Sie möglichst keine Speisen mit besonders starkem Aroma.
  • Vermeiden Sie unangenehme Gerüche und Speisen, gegen die Sie eine Abneigung haben.
Als bewegungstherapeutische Maßnahme gilt ausreichende Bewegung an der frischen Luft in Form von Spaziergängen.
Eine naturheilkundliche Therapie kann mit Kapseln aus Ingwerwurzelstockpulver (Zintona®) erfolgen: 2 Kapseln mit je 250 mg Ingwer unzerkaut mit Flüssigkeit am Morgen einnehmen, bei wiederkehrenden Beschwerden können noch einmal 2 Kapseln am Tag eingenommen werden. Ingwer kann auch in anderen Formen wie Keksen, Bonbons oder als frischer Tee mit Koriander helfen, 1-4 g täglich, auf mehrere Gaben verteilt. In höheren Schwangerschaftswochen wird die Muskulatur der Gebärmutter durch die im Ingwer enthaltenen Scharfstoffe stimuliert, was förderlich für die Auslösung von Wehen sein kann.
Dreimal täglich 10-20 mg Vitamin B6 (Pyridoxin), z. B. in Form von Vitamin B6 ratio® 40 mg Filmtabletten (in 4 Stücke teilbar), stellen eine weitere Therapieoption dar.
Seit 2019 ist mit Cariban® eine Kombination aus 10 mg Doxylamin und 10 mg Pyridoxin spezifisch zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft zugelassen. Doxylamin ist ein Antihistaminikum der ersten Generation mit einem ausgeprägten sedierenden Effekt. Zusätzlich besteht eine anticholinerge Wirkung, die zu Mundtrockenheit, Magen-Darm-Störungen sowie kardialen Arrhythmien führen kann.
Schwangerschaftsübelkeit scheint einen ähnlich auslösenden Mechanismus wie See- und Reisekrankheit zu haben. Ein Behandlungsversuch mit bis zu 2000 mg Vitamin C täglich kann unternommen werden. Es muss über die Mundschleimhaut aufgenommen werden und soll über die Absenkung des Histaminspiegels wirken. In Apotheken erhältlich sind zum Beispiel sogenannte Pregnan C Gums oder Kautabletten.
Zudem kann eine Eigenakupressur von Punkt Perikard 6 (zwischen den beiden Handbeugersehnen ca. 2 cm von der Handgelenksbeugefalte gelegen) Abhilfe schaffen. Es kann auch ein Druckband (Akupressur-Band) verwendet werden.
Dimenhydrinat (Vomex®), 3-4x 50 mg täglich als Tablette oder 1-3x 150 mg täglich als Zäpfchen, kann ebenso eingesetzt werden. Es ist zu beachten, dass durch die Einnahme das Reaktionsvermögen gemindert wird. Dimenhydrinat verlängert das QT-Intervall im EKG, was selten gefährliche Herzrhthmusstörungen auslösen kann. Der Wirkstoff kann in höheren Schwangerschaftswochen zur Auslösung vorzeitiger Wehen führen.
Metoclopramid (z. B. Paspertin®) soll aufgrund des möglichen Auftretens von unerwünschten schweren neurologischen und seltenen, aber ernsten kardiovaskulären Wirkungen nur noch über maximal  5 Tage verordnet werden. Die empfohlene Einzeldosis beträgt 10 mg und die empfohlene Tagesdosis bis zu 30 mg.
Ondansetron (z. B. Zofran®) wird im Off-Label-Use in einer Dosierung von 4-8 mg 2-3x tgl. bei sehr schweren Fällen eingesetzt. Es besteht ein gering erhöhtes Risiko für fetale Ventrikelseptumdefekte bei einem Einsatz vor der 11. SSW. Mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Benommenheit, Fatigue und Obstipation. Ondansetron kann das QT-Intervall im EKG verlängern, vor allem bei Kaliummangel, Magnesiummangel und Herzproblemen. Überwachungen der Elektrolyte und des EKG sind erforderlich. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (z. B. Dimenhydrinat) sind zu beachten.

Wenn die Beschwerden trotzdem anhalten oder schlimmer werden, ist eventuell eine Krankenhausbehandlung notwendig.
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